Massefehler - gestern beim TÜV

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martin s aus b
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Massefehler - gestern beim TÜV

Beitrag von martin s aus b »

Daß der Prüfer die LED-Birne zwangsausgemustert hat hab ich ja schon beim LED-Hauptscheinwerfer erzählt.

Angefangen hat er aber damit daß er mir aufgrund meines wegen der Kunststoff-Griffprotektoren mühsam gekürzten Kupplungsgriffs und des am Ende abgebogenen Bremsgriffs keinen TÜV-Stempel geben wollte. " ... dafür brauchen sie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Herstellers ...' Und als ich da, nachdem ich zunächst versucht hab an seinen technischen Sachverstand zu appellieren, ein wenig widerspenstig geworden bin hat er einfach zusätzlich einen Massefehler in der Elektrik aus dem Hut gezogen.

Ich habe mich nach freiwilliger Rückmontage der LED auf H4 mit seinem Chef dann doch auf eine Freigabe verständigt aber den Elektrikfehler gibts tatsächlich. Wenn ich blinke werden Fahr- und Rücklicht sowie die Leerlaufkontrolle im Blinktakt heller/dunkler. Bei der LED-Birne war das extrem auffällig, mit der H4 ists jetzt grad so an der Grenze. Aber ich würds trotzdem gern in Ordnung bringen.

Aber wie? Wieso blinkt das Rücklicht mit, liegt das tatsächlich an der Masse, dh. muß ich neue Masseleitungen legen, oder hängt das auf der Plussseite der Spannungsversorgung? Was sagen die Elektriker?

Martin
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Michael
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Re: Massefehler - gestern beim TÜV

Beitrag von Michael »

Servus Martin,
nach meiner Erfahrung liegt solch ein Fehler auf beiden Seiten, PLUS und MINUS.
PLUS: Die Batteriespannung oder ihr Ladezustand/Kapazität ist niedrig, bzw. irgendetwas behindert den Stromfluss (korrodierte Stecker, Sicherung, Zündschloß).
MINUS: Massekontakte sind korrodiert, evtl. den Rahmen als Masse verwendet, ohne ihn explizit mit dem Minuspol der Batterie zu verbinden.

Der Unterschied zwischen LED- oder H4-Birne wird sich über die Addition der Leistungen der betroffenen Stromkreise ergeben.
1. Stromkreis: Zwei klassische Blinker a 21W samt Kontrollleuchte kommen auf 45W
2. Stromkreis: Licht und Kontrolleuchten
a) mit H4 (Abblendlicht 60W) plus Rücklicht 10W und 3W Neutralleuchte sind 73W
b) mit LED (25W?) plus Rücklicht 10W und 3W Neutralleuchte sind um die 40W.

Das Verhältnis von
1.) 45W zu 2a) 73W zu
1.) 45W zu 2b) 40W
ist deutlich unterschiedlich und somit wirkt sich der Blinkertakt stärker auf den geringer ausgelasteten (LED-)Stromkreis aus.

Kannst du die Batteriespannung messen während die Leuchten blinken?

Ändert sich das Verhalten der Leuchten, wenn der Motor an oder aus ist ?

Kannst du eine zusätzliche Batterie per Starthilfekabel verbinden und testen, ob die Leuchten dann immer noch mitblinken ?

Was würde ich sonst noch machen ?
Den großen Kundendienst für die Elektrik !

- Batterie laden, sofern die es noch wert ist ;)
- Batterieladespannung von LiMa/Regler an der eingebauten Batterie messen
- Alle Kabel ab dem Pluspol der Batterie prüfen, Steckverbinder öffnen, WD40 rein, paarmal zusammenstecken, ausblasen
- Sicherungen raus, prüfen, Kontakte reinigen
- Zündschloss und dessen "Zündung an" bzw. "Licht an"-Kontakt auf Widerstand messen => 0 Ohm
- Kabel auf Knick- und Scheuerstellen prüfen (Kabelbruch im Lenkkopfbereich?)
- Lampensockel- und fassungen prüfen und reinigen
- Masseverbindungen suchen, Steckverbinder öffnen, WD40 rein, paarmal zusammenstecken, ausblasen
- geschraubte Masseverbindungen aufschrauben, suspekte Schrauben, Scheiben, Sprengringe austauschen, Untergrund reinigen, metallisch blank machen
- explizite Massekabel verlegen (soweit erforderlich). Ein am Rahmen verschraubtes Metallschutzblech ist nicht automatisch Masse.

Diese Arbeiten an der Elektrik sind mit das Schmutzigste was man an einem Mopped machen kann, also Handschuhe tragen.

Wenn das alles nicht hilft, dann kannst du auf Komponentenebene weitersuchen.
- Batteriezustand, Kapazität
- Blinkrelais (separate Masse?), Leistungsfähigkeit
- Einzelleistungen der Leuchtmittel notieren

Bin gespannt was du findest.

LG, Michael
Denkt dran:
Die Drehrichtung des Motors an der Zündungsseite ist gegen(!) den Uhrzeigersinn.
Die Steuerkette nur bei montiertem Ventildeckel spannen, sonst droht ein kapitaler Motorschaden!
Allzeit Gute Fahrt!
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bikeorslk
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Re: Massefehler - gestern beim TÜV

Beitrag von bikeorslk »

Na, Martin, da hast du aber gerade ein Elektrik-Kompendium vom Feinsten von Michael bekommen.

Warum allerdings Elektrik das Dreckigste am Motorradschrauben ist??? Hm, ich finde Kettenritzel, Schwingenausbau, Hauptständer eigentlich deutlich ekliger...

Derartige Phänomene sieht man häufig bei alten Opel, Fiat und Ford, die meist eine lokale gemeinsame Masserückführung der Rücklichter an das dort vorhandene Blech (oft ein geschraubter Kotflügel) haben. Das ist übrigens bei der B3 sehr ähnlich - das RL hat für alle vier Verbraucher auch nur eine Masseleitung, die irgendwo im Kabelbaum dann Richtung Batterie abzweigt.

Ich würde mich, entgegen Michaels erstem Statement, zunächst auf diese GEMEINSAMEN Masseleitungen konzentrieren. Je mehr Strom fließt, umso mehr Spannung fällt über einem Widerstand ab (vage Erinnerungen an Herrn Ohm kommen hoch...) Wenn eine Masseleitung einen erklecklichen Widerstand hat, so sorgt jeder Verbraucher an dieser gemeinsamen Rückführung für einen Spannungsverlust. Schalte ich also zu meinem Verbraucher A (z.B. Licht) einen Verbraucher B (z.B. den Blinker), so wirkt sich das auf BEIDE Verbraucher aus - es steht im Blinkertakt mal mehr oder mal weniger Spannung zur Verfügung.

Hier nochmal bildlich.

Fall 1. nur Licht an. Links fließt Strom und deshalb fällt ein wenig Spannung über den Leitungswiderständen ab.
Die Spannung an der Lampe ist U0 - U1-U2- UMasse
Lichtstrom.jpg
Schalte ich den Blinker ein, fließt auch rechts Strom, mit jeweils eigenen Spannungsabfällen in den Leitungen. Unten allerdings fließt der gemeinsame Strom ILicht + Iblink durch den Leitungswiderstand der gemeinsamen Masse, d.h. der Spannungsabfall steigt hier. Da wir insgesamt nicht mehr Spannung zur Verfügung haben, bleibt für die Lampe einfach weniger übrig und sie funzelt im Takt des Blinkers.
Blinkstrom.jpg
Das ist übrigens unabhängig davon, ob die Batterie gut geladen ist oder nicht (Das hat ja nur Einfluss auf U0. Es gilt also, Leitungen für gemeinsam angeschlossenen Verbraucher so verlustarm wie möglich zu machen. Das ist nebenbei auch der Grund, warum Massebänder an der Batterie immer so dick sind.

Ich hoffe, es ist verständlich - wenn nicht, gerne nachfragen.

bye

Carsten
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martin s aus b
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Re: Massefehler - gestern beim TÜV

Beitrag von martin s aus b »

Hallo Michael und Carsten,

eure Antworten hab ich erst mal fünf Wochen auf mich wirken lassen und mich dann gestern trotz ar .. kalter Garage ganz spontan entschlossen, das Problem anzugehen.

Beim Versuch den Widerstand zwischen Lampenstecker und Batteriepol auf der Masseseite mit meinem Voltcraft VC333 - Multimeter zu messen bin ich gestrandet. Von den mit Meßbereich 200 Ohm gemessenen 1.4 Ohm Widerstand waren bei mehreren Messungen >1 Ohm Widerstand der Meßleitung. Also hab ich schließlich ein provisorisches Massekabel von der Batterie direkt an den Massepol der Birne gelegt und ... geändert hat sich nix. Also auch nix Massefehler.

Wenn ich auf der Plusseite eine direkte Leitung von der Batterie auf den Fernlichtfaden der Birne ziehe ist alles gut. Die Cockpit-Kontrollbirnchen machen zwar immer noch im Blinkertakt Hell-Dunkel aber der Scheinwerfer selbst, jetzt mit Philips xtremeVision H4 anstatt LED, beteiligt sich nicht mehr.
Ich hab daraufhin zwei kleine Kfz-Schließerrelais, je eins für Abblend- und eins für Fernlicht bestellt mit denen ich via Lichtschalter eine direkte Stromversorgung von der Batterie auf den jeweiligen Anschluß der Birne schalten werde und damit den Zündschloß- und Lichtschalterwiderstand aus der Versorgung rausnehme.

Der Kabelbaum der Enduro ist ja an dieser Stelle Original Suzuki DR 650. Da gibts die übliche Hauptsicherung für alle Stromkreise direkt hinter der Batterie und dann, wobei das Versorgungskabel dazu vom Scheinwerferschalter am Lenkergriff zurück zum Sicherungskasten am Batteriehalter hinten im Rahmen und dann wieder vor zum Scheinwerfer verlegt ist, als letzte Instanz vor der Scheinwerferbirne nochmal je eine 10 A-Sicherung für den Abblend- und den Fernlichtfaden :( - so was hab ich auch noch nie gesehen.

Martin
Zuletzt geändert von martin s aus b am Sa 20. Mär 2021, 15:00, insgesamt 2-mal geändert.
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bikeorslk
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Re: Massefehler - gestern beim TÜV

Beitrag von bikeorslk »

Hi Martin,

interessant, und regt zum Weiterdenken an.
Du hast da was Wichtiges gesagt:

" die übliche Hauptsicherung für alle Stromkreise direkt hinter der Batterie und dann, wobei das Versorgungskabel dazu vom Scheinwerferschalter am Lenkergriff zurück zum Sicherungskasten am Batteriehalter hinten im Rahmen und dann wieder vor zum Scheinwerfer verlegt ist..."
Natürlich gilt das für die gemeinsame Masse von mir Gesagte auch für GEMEINSAME Plusleitungen. Und die ist bei der Suzi vermutlich vom Rahmendreieck bis zum Lenker oder bis zum Lampengehäuse geführt und verteilt sich da möglicherweise zurück zum Blinkrelais und wieder nach vorne zum Blinkerschalter… >> Das ist das Gleiche wie bei mir im letzten Post beschrieben, nur eben mit Plusleitungen. Wenn du die große Last mit einer eigenen Strippe überbrückst, ist Ruhe, das passt.

Ich habe selber auch zwei Relais verbaut um die Lichtelektrik zu verbessern, allerdings in Reihe: Erst ein Lichtrelais und dahinter ein VW-Fernlicht/Lichthupenrelais. Vorteil: beim Umschalten gibt es keine Dunkelphase, wo das ABBl-Relais schon abgefallen, das FL-Relais aber noch nicht zugeschaltet ist (und umgekehrt)

Kawa ist aber ja auch nicht besser als deine Suzi. Die Original-Leitungsführung der LIcht-Elektrik in der B ist

Batt - Hauptsicherung Rahmendreieck - Zündschloss - Lichtschalter rechter Lenker - Sicherung Rahmendreieck- Vorwiderstand - Fernlichtschalter links-Lampe - mit div anderen Verbrauchern gemeinsame Masseleitung an die Batterie.
Das macht zusammen ca 8 m Strippe, mit insgesamt (wenn ich richtig gezählt habe) 14 Steckverbindern (= Fehlerquellen) in diesem Strang. Gruselig.

Bye

Carsten
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